Tagung der ADAC Vertragsanwälte 07. und 08.09.2023 Mühlhausen/Thüringen

Rechtsanwalt Markus Bittner hat auch in diesem Jahr wieder an der Tagung der ADAC Vertragsanwälte teilgenommen. Themen waren unter anderem die Verteidigung im Rechtsbeschwerdeverfahren in Verkehrsordnungswidrigkeiten, Alkohol und Verkehrsstraftaten gemäß §§ 316 und 315C StGB, Ladungssicherung und Verantwortlichkeit gemäß StVO/StVZO, Wahrnehmbarkeit von Unfällen bei Unfallflucht, Dieslskandal und Abschaltvorrichtung, Rechtsfragen zur E-Mobilität sowie die Auswirkung von Delikten in der Führerschein-Probezeit.

Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen nach richterlichem Hinweis, § 67 OWiG

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 24.11.2022 zu dem Aktenzeichen 2 Ss-OWi 1149/22 klargestellt, dass auch nach einem richterlichen Hinweis auf möglicherweise vorsätzliches Handeln die nachträgliche Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid auf die Rechtsfolgen noch wirksam ist.

Hieraus ergeben sich vielfältige taktische Möglichkeiten für eine erfolgreiche Verteidigung.

Verteidigung gegen den Vorwurf eines Handyverstoßes: Erfolgversprechender, als vielfach gedacht!

Gegen Handyverstöße geht der Gesetzgeber hart vor, häufig wird der Vorwurf jedoch zu Unrecht erhoben. Gemeinhin gilt die Verteidigung gegen den Vorwurf eines Handyverstoßes als schwierig, tatsächlich lassen sich jedoch entsprechende Vorwürfe mit der richtigen Taktik häufig entkräften.

In einem von Rechtsanwalt Markus Bittner vor dem Amtsgericht Linz am Rhein geführten Bußgeldverfahren konnte aktuell wieder entsprechendes erreicht und somit die Eintragung von einem Punkt im Fahreignungsregister des Mandaten abgewendet werden.

Fortbildung für ADAC Vertragsanwälte 2022

Rechtsanwalt Markus Bittner nimmt am 30.06.2022 in Kassel an einer ganztägigen Fortbildungsveranstaltung für ADAC Vertragsanwälte teil. Themen sind unter anderem „Der Zweiradfahrer und sein Recht“, „Bußgelder und Messverfahren“, „Aktuelle Probleme zum Kasko- und Fahrerschutz“, „Aktuelles zum Haushaltsführungsschaden“ sowie „Aktuelles zum Personenschaden/ Schmerzensgeld“.

Entzug der Fahrerlaubnis auch bei ärztlich verordnetem Amphetamin möglich

Die medizinische Behandlung mit einem amphetaminhaltigen Medikament kann zum Entzug der Fahrerlaubnis führen, wenn das Führen eines Kraftfahrzeugs durch den Betroffenen unter drogentypischen Ausfallerscheinungen nicht auszuschließen ist (VG Koblenz, Beschluss v. 19.5.2022, 4 I 455/22).

Sachverhalt:

Im Rahmen eines Polizeieinsatzes war der Betroffene in eine allgemeine Personenkontrolle geraten. Der Betroffene war zu diesem Zeitpunkt mit einer Begleitperson zu Fuß unterwegs und hielt in seiner Hand einen Fahrzeugschlüssel zu dem ihm gehörenden, in geringer Entfernung geparkten PKW. Während der Personenkontrolle stellten die kontrollierenden Beamten bei dem Betroffenen drogentypische Erscheinungen wie gerötete und wässrige Augen, lichtstarre, geweitete Pupillen sowie Zittern und Unruhe fest.

Die Beamten veranlassten darauf eine toxikologische Blutuntersuchung. Diese ergab eine nicht völlig unbedeutende Amphetaminkonzentration im untersuchten Blut. Daraufhin entzog die zuständige Behörde dem Betroffenen die Fahrerlaubnis.

Der hiergegen gerichtete Eilantrag des Betroffenen auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb beim Verwaltungsgericht ohne Erfolg. Der Autofahrer legte dem Gericht eine ärztliche Bescheinigung vor, nach der ihm das Medikament „Elvanse“ zur dauernden Einnahme verordnet wurde. Dieses enthält einen amphetaminhaltigen Wirkstoff und wird vornehmlich zur Behandlung von ADHS-Patienten eingesetzt.

Nach der Entscheidung des Gerichts ist die Tatsache der ärztlichen Verordnung eines Amphetamins für die Frage der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs nicht entscheidend. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis sei § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV.

àFahreignung bei medizinisch indizierter Betäubungsmittel-Einnahme nicht immer ausgeschlossen

Für die ärztlich verordnete Dauerbehandlung mit betäubungsmittelhaltigen Arzneimitteln gelten die Sondervorschriften der Nr. 9.6.2. der Anlage 4 zur FeV. Danach kann die Fahreignung einer Person, die mit einem amphetaminhaltigen Arzneimittel behandelt wird, unter bestimmten Voraussetzungen entgegen der allgemeinen Regelung angenommen werden, wenn 

  • die Einnahme des betäubungsmittelhaltigen Arzneimittels medizinisch indiziert und ärztlich verordnet ist, 
  • der Betroffene das Arzneimittel zuverlässig exakt nach ärztlicher Verordnung einnimmt, 
  • keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Betroffenen festzustellen sind, 
  • die Grunderkrankung und deren Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweisen, 
  • der Betroffene charakterlich die Gewähr dafür bietet, kein Kraftfahrzeug zu führen, wenn er selbst negative Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation auf seine Fahrtüchtigkeit bemerkt.

BGH-Beschluss vom 30.3.2022, Az. 4 Str 181/21: Einsicht in die gesamte Messreihe?

Das OLG Zweibrücken ist der Ansicht, dass sich aus den Rohmessdaten der gesamten Messreihe keine Anhaltspunkte für die Beurteilung der Verlässlichkeit der konkret beanstandeten Einzelmessung ergeben können.

Dem steht die Auffassung des OLG Jena entgegen, wonach es den Bußgeldgerichten aus Rechtsgründen verwehrt sei, die vom Betroffenen mit dem Auskunftsersuchen geltend gemachte Relevanz der Informationen für die Verteidigung zu überprüfen.

Aus diesem Grund hat das OLG Zweibrücken dem Bundesgerichtshof die Frage vorgelegt, ob unter diesen Umständen ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens vorliege oder ob die Relevanz der Einsichtnahme für die konkrete Messung dargelegt werden muss.

Der Bundesgerichtshof sah den Vorlagebeschluss des OLG Zweibrücken als unzulässig an und hat das Verfahren an das OLG Zweibrücken zurückverwiesen. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, dass die Annahme einer in rechtlicher Hinsicht bestehenden Divergenz durch das vorlegende Oberlandesgericht auf einer nicht mehr vertretbaren Auslegung der Entscheidung des OLG Jena beruhe.

Die Entscheidung des OLG Jena sei nicht so zu interpretieren, wie dies das vorlegende OLG Zweibrücken getan habe. Daher sei der Bundesgerichtshof im Vorlageverfahren an diese Auslegung nicht gebunden.

Der Entscheidung des OLG Jena sei entgegen der Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts nämlich gerade nicht zu entnehmen, dass einem Informationsverlangen eines Betroffenen ohne gerichtliche Prüfung seiner Berechtigung stets nachzukommen sei. Das OLG Jena habe vielmehr ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen, wonach dargelegt werden muss, dass der Anspruch des Betroffenen auf Zugang zu den beantragten Informationen sachlich unter anderem davon abhängig ist, dass diese Relevanz für die Verteidigung haben kann. Ob dem so ist, muss durch die befassten Bußgeldgerichte beurteilt werden.

Hieraus folgt, dass sich die Anträge auf Einsicht in die gesamte Messreihe mit der Relevanz für die Einzelmessung zumindest insoweit befassen sollten, als dargelegt wird, inwieweit die Messreihen anderer Fahrzeuge Rückschlüsse auf etwaige Messfehler in der Einzelmessung zulassen können.

Abwesenheitsverhandlung in Bußgeldsachen: Chancen für die Verteidigung

Hat das Amtsgericht den Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden und erscheint der Verteidiger dann im Termin zur Hauptverhandlung nicht, darf das Amtsgericht den Einspruch nicht verwerfen, da die Voraussetzung „ohne genügende Entschuldigung“ nicht vorliegt. Das Amtsgericht hat keine andere Wahl, als „in Abwesenheit“ zu verhandeln. Hiermit sind die Amtsgerichte häufig überfordert und begehen Fehler, sodass in vielen Fällen zumindest Zeit gewonnen, mitunter sogar die Verfahrenseinstellung erreicht werden kann.

Wann beginnt die Fahrverbotsfrist innerhalb der Viermonatsfrist?

Bestimmt die Bußgeldbehörde oder das Gericht, dass das Fahrverbot gemäß § 25 Abs. 2a StVG erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelang, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten ab Eintritt der Rechtskraft, liegt die Festlegung des Beginns des Fahrverbots in der Dispositionsbefugnis des Betroffenen. Das Fahrverbot kann somit an einem frei von dem Betroffenen zu wählenden Datum innerhalb von vier Monaten ab Eintritt der Rechtskraft angetreten werden. Es steht dem Betroffenen somit frei, in dem Begleitschreiben, mit welchem der Führerschein in amtliche Verwahrung der Bußgeldstelle gegeben wird, das Datum anzugeben, an welchem das Fahrverbot beginnen soll. Ungewissheiten der Fristberechnung, beispielweise im Hinblick auf Postlaufzeiten, werden hierdurch beseitigt.

VG Arnsberg: Fahrtenbuchauflage bei Körperverletzung und Beleidigung

Das VG Arnsberg hat mit Beschluss vom 31.1.2022, Az. 7 L 7/22 klargestellt, dass eine Fahrtenbuchauflage nur dann in Betracht kommt, wenn die Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften bei oder im Zusammenhang mit der Führung eines Kraftfahrzeug des Fahrzeughalters begangen worden ist. Der Begriff der Führung eines Kraftfahrzeugs erfasst aber grundsätzlich nur Bewegungsvorgänge des Fahrzeugs, sodass gegen den Halter keine Fahrtenbuchauflage gemäß § 31a StVZO angeordnet werden kann, wenn der unbekannt gebliebene Fahrer des Fahrzeugs vor einer roten Ampel aus dem Fahrzeug steigt, zu Fuß zu dem vor ihm stehenden Fahrzeug geht und durch das Seitenfenster den Fahrer an der Nase verletzt und beleidigt.

Verteidigung in Ordnungswidrigkeitenverfahren

Ordnungswidrigkeitenverfahren sind für die Betroffenen häufig von besonderer Bedeutung, da unter Umständen führerscheinrechtliche Sanktionen drohen. Obwohl Ordnungswidrigkeitsverfahren äußerst komplex und speziell sind, bieten sich der Verteidigung regelmäßig viele Möglichkeiten, zugunsten des Betroffenen auf das Verfahren einzuwirken. Dies setzt viel Erfahrung und Kenntnis der Rechtsprechung in Ordnungswidrigkeitenverfahren voraus.

Rechtsanwalt Markus Bittner bildet sich aus diesem Grund insbesondere auch auf dem Gebiet des Ordnungswidrigkeitenrechts regelmäßig fort. Allein im Monat März 2022 stehen insgesamt 11 Fortbildungsstunden an:

23.03.2022, 12:00 Uhr bis 18:30 Uhr: Fahrerlaubnis und Führerschein im Straf- und Bußgeldrecht (6 Stunden)

31.03.2022, 10:00 bis 16:45 Uhr: Verteidigung in Verkehrsstraf- und OWi-Sachen mit Blick auf Revision und Rechtsbeschwerde (5 Stunden)

Rohmessdaten der Tagesmessreihe: OLG Koblenz, Beschluss vom 1.2.2022, 3 OWi 32 SsBs 99/21

In Bußgeldverfahren werden der Verteidigung von den Verwaltungsbehörden regelmäßig nicht die Rohmessdaten der Tagesmessreihe zur Verfügung gestellt, ohne dass die Gerichte dies bislang zu einer Einstellung des Verfahrens veranlassen würde.

Das Oberlandesgericht Koblenz hat nunmehr am 1.2.2022 beschlossen, dass in einem konkreten Bußgeldverfahren, in welchem der Betroffene dennoch wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt worden ist, die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über folgende Rechtsfrage vorgelegt wird:

Darf ein in einem standardisierten Messverfahren (hier:ESO-Einseitensensor ES 3.0 – Softwareversion 1.007.2) ermitteltes Messergebnis den Urteilsfeststellungen zu einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zugrundegelegt werden, wenn zuvor dem Antrag des Betroffenen, ihm die vorhandenen Rohmessdaten der Tagesmessreihe, die nicht zur Bußgeldakte gelangt sind, zur Einsicht zu überlassen, nicht stattgegeben worden ist, oder beinhaltet dies eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. mit Art. 20 Abs. 3 GG) bzw. eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung des Betroffenen (§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. mit § 38 Nr. 8 StPO)?

Hieraus folgt, dass bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorsorglich immer die Rohmessdaten der Tagesmessreihe angefordert werden sollten und, sollten diese der Verteidigung nicht zur Verfügung gestellt werden, die Aussetzung des Verfahrens beantragt werden sollte. Durch diese Vorgehensweise ergeben sich interessante neue Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Verteidigung.

Sobald die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorliegt, werden wir an dieser Stelle berichten.

Richtlinien für die Geschwindigkeitsüberwachung

In den einzelnen Bundesländern existieren Richtlinien für die Geschwindigkeitsüberwachung, die beispielsweise regeln, wo überhaupt gemessen werden darf.

Auch wenn diese Richtlinien nach allgemeiner Meinung keine unmittelbare Außenwirkung haben, sollen sie die Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer in vergleichbaren Kontrollsituationen sichern, sodass sie für alle mit der Verkehrsüberwachung betrauten Beamten verbindlich sind.

Da die Verkehrsteilnehmer die Erwartung hegen dürfen, dass sich die Verwaltungsbehörden über Richtlinien zur Handhabung des Verwaltungsermessens, die eine gleichmäßige Behandlung sicherstellen sollen, im Einzelfall nicht ohne sachliche Gründe hinwegsetzen, verringert sich der Handlungsunwert im Falle eines Richtlinienverstoßes, sodass unter Umständen sogar eine Einstellung des Verfahrens in Betracht kommt.

In einem aktuell vor dem Amtsgericht Alzey anhängigen Verfahren konnte Rechtsanwalt Markus Bittner unter Berufung auf einen Richtlinienverstoß die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbots abwenden, nachdem die Verwaltungsbehörde im Vorverfahren neben einer Geldbuße zunächst noch ein solches verhängt hatte.