„Das neue Kaufrecht – wichtige Änderungen und Neuregelungen“

Rechtsanwalt Markus Bittner nimmt am 18.1.2022 und am 19.1.2022 wegen der erheblichen Bedeutung für die Beratungspraxis an gleich zwei Online-Seminaren zum neuen Kaufrecht teil, nachdem das „neue digitale Kaufrecht“ mit dem 1.1.2022 im BGB in Kraft getreten ist und erhebliche Änderungen für das aktuelle Kaufrecht mit sich bringt. Dabei geht es insbesondere auch um die Umsetzung der Digitalen-Inhalte-Richtlinie im Verbrauchsgüterkaufrecht.

Gesetzesänderungen 2022

Zum Jahreswechsel und im Laufe des Jahres treten eine Reihe gesetzlicher Neuerungen in Kraft. Die Gesetze der Schuldrechtsreform 2021/2022 beispielsweise bringen Neuerungen im Kaufrecht und mehr Verbraucherschutz, insbesondere auch im Digitalen.

Künftig ist bei Verbraucherkaufverträgen zu unterscheiden zwischen dem Kauf über analoge Waren, Waren mit digitalen Elementen sowie dem Kaufvertrag über digitale Produkte.

Eine wichtige Neuerung betrifft dabei den Sachmängelbegriff. Mangelhaft ist eine Sache künftig nur noch, wenn sie der vereinbarten, also der nach dem Vertrag vorausgesetzten subjektiven Beschaffenheit und kumulativ den nach objektiven Maßstäben zu beurteilenden branchenüblichen Beschaffungsheitsanforderungen nicht entspricht.

Im Rahmen von Verbraucherverträgen werden die Anforderungen an die Pflichten des Verbrauchers bei der Geltendmachung von Gewährleistungsrechten deutlich erleichtert. Künftig setzt bereits die Mitteilung des Mangels durch den Verbraucher an den Käufer automatisch eine angemessene Frist zur Nacherfüllung in Gang, sodass es eines ausdrücklichen Nacherfüllungsverlangens nicht mehr bedarf.

Auch die Verjährungsfristen ändern sich zugunsten des Verbrauchers. Gewährleistungsansprüche verjähren bei Sachen mit digitalen Elementen erst zwei Monate nach dem erstmaligen Auftreten eines Mangels, sodass beim Auftreten eines Mangels am letzten Tag der Verjährungsfrist sich die Gewährleistungsfrist entsprechend verlängert. Abweichende Vereinbarungen zu Ungunsten des Verbrauchers sind unzulässig.

Für Verbraucherverträge mit automatischer Verlängerungsklausel, die ab dem 1.3.2022 geschlossen werden, gilt eine verkürzte Kündigungsfrist. Statt der bisher in den AGB solcher Verträge üblichen mehrmonatigen Kündigungsfrist gilt künftig eine solche von einem Monat. Verpasst der Verbraucher die Kündigungsfrist, so verlängert sich der Vertrag automatisch nur noch auf unbestimmte Zeit. Hieraus folgt ab dem Verlängerungszeitpunkt eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit mit einer Kündigungsfrist von einem Monat.

Bei laufzeitgebunden Onlineverträgen gilt ab dem 1.7.2022, das bereits auf der Homepage ein Kündigungsbutton platziert sein muss, der dem Verbraucher die Kündigung des Vertrages durch einfachen Klick ermöglicht.

Garantieversprechen müssen künftig einfach und verständlich gefasst sein, indem sie den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers bei Mängeln, den Hinweis, dass die Gewährleistungsrechte durch die Garantie nicht geschmälert werden, Name und Anschrift des Garantiegebers sowie eine verständliche Erklärung des Verfahrens für die Geltendmachung der Garantie enthalten.

Erwerber von digitalen Produkten erhalten künftig ein Recht auf Aktualisierungen, die für die Nutzung der digitalen Produkte erforderlich sind. Hierzu gehören ausdrücklich auch Sicherheitsupdates.

Für Haustürgeschäfte gilt ab dem 28.5.2022, dass nur beim Erwerb von Waren und Dienstleistungen mit einem Verkaufspreis von unter 50,00 € der Erwerber sofort zur Zahlung aufgefordert werden darf. Bei Beträgen ab 50,00 € darf frühestens am Folgetag kassiert werden.

Änderungen des Kaufrechts zum 01.01.2022!

Das deutsche Kaufrecht wird mit Wirkung zum 01.01.2022 in wesentlichen Punkten geändert.

Das neue Kaufrecht stellt sowohl auf den subjektiven als auch den objektiven Mangelbegriff ab und fordert zudem, dass die Sache den Montageanforderungen entsprechen muss. Subjektiv ist die Sache mangelhaft, wenn sie den Vereinbarungen der Parteien nicht entspricht. Ein objektiver Mangel liegt dagegen vor, wenn die Kaufsache nicht von der üblichen Qualität entsprechender Sachen ist.

Wenn ein Händler mit einem Verbraucher einen Zustand der Sache vereinbaren will, der nicht der üblichen, objektiv zu erwartenden Beschaffenheit entspricht, dann muss der Käufer darauf in einem gesonderten Dokument hingewiesen werden und zwar vor Abschluss des Kaufvertrages. Es muss dabei auch darauf hingewiesen werden, dass die vereinbarte Beschaffenheit von der objektiv zu erwartenden abweicht. Zusätzlich ist die Abweichung im Kaufvertrag gesondert aufzuführen.

Von erheblicher Relevanz dürfte diese Neuerung bei der Frage, ob das Fahrzeug einen Unfall hatte, haben. Der einfache Vermerk im Kaufvertrag „Fahrzeug ist nicht unfallfrei“ reicht beim Verbrauchsgüterkauf zukünftig also nicht mehr aus.

Eine weitere, sehr wesentliche Gesetzesänderung ist in der Verlängerung der Beweislastumkehr nach § 477 BGB auf ein volles Jahr.

Die Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistung beim Gebrauchtwagenkauf auf ein Jahr wird per Gesetz zulässig sein.

Schließlich beschäftigt sich die Gesetzesänderung mit dem Thema „Waren mit digitalen Elementen“. Ab dem 1.1.2022 stellen unterbliebene oder fehlerhafte Updates Mängel dar, für deren Eintritt auch nicht der Kaufvertragsabschluss bzw. die Übergabe des Fahrzeugs sondern das fehlerhafte oder unterbliebene Update maßgeblich ist. Außerdem muss der Händler den Käufer über das Anstehen solcher Updates informieren.

BGH: Verhandlungstermin am 14. Dezember 2020 zum VW-Verfahren: Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist !

Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einem weiteren VW-Verfahren Verhandlungstermin bestimmt. Das Verfahren hat die Frage zum Gegenstand, ob die dreijährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche eines Fahrzeugkäufers gegen die VW AG bereits mit Schluss des Jahres 2015 begann. 

Das Landgericht Stuttgart hat der Klage aus 2019 teilweise stattgegeben. Der Anspruch sei nicht verjährt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Stuttgart die Klage abgewiesen. Dem Schadensersatzanspruch des Klägers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB stehe die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Da der Kläger bereits im Jahr 2015 Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Dieselskandal erlangt habe, hätten die Voraussetzungen für eine Klageerhebung bereits im Jahr 2015 vorgelegen. Die Rechtslage sei nicht unsicher und zweifelhaft gewesen, so dass die Klageerhebung zumutbar gewesen sei.  

Die maßgeblichen Vorschriften lauten: 

§ 195 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) 

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. 

§ 199 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) 

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1. der Anspruch entstanden ist und 

2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

EuGH zum Widerruf von Verbraucherdarlehen

Mit weitreichenden Folgen auch für mit Kfz-Käufen verbundenen Verbraucherkrediten hat der EuGH in einem „Paukensschlag-Urteil“ am 26.03.2020 (Rs. C-66/19) entschieden, dass die Standard-Widerrufsbelehrungen von Banken unter bestimmten Voraussetzungen gegen EU-Recht verstoßen, weil die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist nicht in klarer und prägnanter Form angegeben sind.

Die maßgebliche Passage in der Widerrufsinformation des Vertrages lautet:

„Widerrufsrecht

Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. …“

Nach Auffassung des EuGH reicht es nicht aus, dass der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag hinsichtlich der Pflichtangaben, deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere nationale Rechtsvorschriften verweist.

Damit hat die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen, sodass der Verbraucher noch rechtswirksam seine Vertragserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrags widerrufen konnte.

Die Muster-Widerrufsinformation unterscheidet nicht zwischen Immobiliar- und Mobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen und findet damit auch auf Verbraucherkredite Anwendung, mit denen Neu- oder Gebrauchtwagen finanziert werden (§ 358 BGB).