OWi-Verfahren: Abkehr vom standardisierten Messverfahren?

Das MessEG ist nunmehr bereits zehn Jahre alt. Die darin enthaltenen Übergangsvorschriften für alte Bauartzulassungen sind am 1.1.2025 ausgelaufen. Bedeutsam ist insoweit § 62 MessEG, mit welchem die immer wieder angeführte Vertrauenswirkung der alten PTB-Zulassungen begründet wurde. Ist dieser nun nicht mehr gültig, existieren die Bauartzulassungen der PTB als „antizipierte Sachverständigengutachten“ nicht mehr. Das standardisierte Messverfahren in der klassischen Form dürfte somit nicht mehr gelten. Vielmehr ist jede Messung im Rahmen des Gesetzes zu beurteilen. Dort wird in § 33 MessEG die bestimmungsgemäße Verwendung eines Messgeräts als Grundvoraussetzung für die Verwendung von Messwerten aus amtlichen Messungen genannt. Wurden die Romessdaten als Datengrundlage der Messung von dem Messgerät vernichtet, kann nicht überprüft werden, ob das Messgerät bestimmungsgemäß verwendet wurde als Grundvoraussetzung für die Verwendung der Messung. Deshalb ist es unabdingbar, jeweils die Bedingungen des MessEG und aller darauf basierenden Regelungen zu überprüfen, beginnend mit Konformitätsbewertung und Konformitätserklärung. Schließlich muss ab jetzt nicht nur die ordnungsgemäße Inverkehrbringung geprüft werden, sondern bei Messungen ab 2025 auch, ob ein Altgerät oder ein baumustergeprüftes Messgerät verwendet wurde. Dies eröffnet neue Ansätze für eine erfolgreiche Verteidigung im komplizierten Bußgeldrecht.

Neue Betriebsanleitung Handlasermessgerät LTI 20/20 TruSpeed

Bei Probemessungen mit dem genannten Messgerät kam es zu Abweichungen bis zu 3 km/h, da nicht sichergestellt war, dass der Laserpunkt stabil auf den Fixpunkt gerichtet ist. Hierauf hat der Hersteller mit einer Anpassung der Gebrauchsanweisung reagiert, indem nunmehr die Nutzung eiens Stativs sowie die Nutzung der bisher optionalen Vergrößerungsoptik vorgeschrieben wird. Ob die Messungenauigkeiten mit der Änderung der Gebrauchsanweisung wegfallen, bleibt abzuwarten.

Elzer Berg und TRAFFIPAX Traffistar S 330

Messungen mit dem Geschwindigkeitsüberwachungsgerät der Bauart TRAFFIPAX Traffistar S 330 sollten objektiv überprüft werden, sofern Zweifel an der gemessenen Geschwindigkeit bestehen.

Unabhängig davon, dass die Messwertbildung bereits anhand von Rohmessdaten nicht überprüft werden kann, ist vielen Bußgeldstellen und auch Gerichten unbekannt, dass das Gerät Mehrfachmessungen durchführt und gemäß der innerstaatlichen Bauartzulassung immer das kleinere Messergebnis zur Anzeige gelangen soll.

Tatsächlich wird von allen Messwerten jedoch immer nur ein bestimmter ausgewählt und angezeigt und ist dies ein Mittelwert. Folglich bedarf es einer Abschätzung, um wie viel der geringste Wert kleiner sein kann als der angezeigte Wert, der als Höchstwert angenommen werden muss.

Aus der Bauartzulassung folgt, dass bei Abweichungen von mehr als der betrieblichen Fehlergrenze zwischen den Einzelwerten annulliert werden muss. Dies ist dann der Fall, wenn der geringste und der höchste Wert um mehr als die Verkehrsfehlergrenze von 3 km/h bzw. 3 % voneinander abweichen. Somit ist es erforderlich, neben dem Verkehrsfehler einen zusätzlichen Fehler von 1,5 km bzw. 1,5 % anzusetzen, sodass die gemessene Geschwindigkeit bereits entsprechend zu reduzieren ist.

Bitte sprechen Sie uns an, sollten Sie von einer entsprechenden Messung betroffen sein.

Geschwindigkeitsverstöße: Wann droht Vorsatzverurteilung?

Im Bußgeldverfahren ist die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit von erheblicher Bedeutung. Die in der Bußgeldkatalogverordnung genannten Regelsätze gelten im Bereich der Geschwindigkeitsverstöße nämlich nur für Fahrlässigkeitstaten. Nimmt das Tatgericht eine vorsätzliche Begehung an, so wird in der Regel die Geldbuße empfindlich zu erhöhen und ein Absehen von einem Regelfahrverbot wegen beruflicher oder sonstiger unverhältnismäßiger Härten kaum möglich sein.

Für die Feststellung des Vorsatzes bei Geschwindigkeitsverstößen muss das Tatgericht Tatsachen feststellen, aus denen zweifelsfrei entnommen werden kann, dass entweder dem Betroffen klar war, dass er eine erhebliche Überschreitung begangen hat oder dass er dies jeweils billigend in Kauf genommen hat. Dabei genügt das Wissen, schneller als erlaubt zu fahren.

Liegt kein Geständnis vor, so sind für die Annahme eines Vorsatzes mehrere Indizien festzustellen, die in ihrer Gesamtheit zu der dann rechtsfehlerfreien Überzeugung des Tatrichters vom Vorsatz führen müssen. Ein einzelnes Indiz kann hierfür grundsätzlich nicht ausreichen.

Hier liegt auch die Chance der Verteidigung unabhängig davon, dass, soll es trotz zunächst erhobenen Fahrlässigkeitsvorwurfs zu einer Vorsatzverteilung kommen, es zunächst eines rechtlichen Hinweises des Gerichts bedarf, woraufhin Aussetzung der Hauptverhandlung beantragt werden muss.

Denkbar ist neben einer Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolge die Erschütterung der Indizien, auf denen eine Vosatzannahme beruhen kann.

Hieraus ergeben sich vielfältige Verteidigungsansätze.

Stufenprofilmessungen und daraus resultierende Fehlmessungen

Stufenprofilmessungen, beispielsweise durch die Messgeräte XV3 und ES3.0 und als Folge des Einflusses von reflektierenden Flächen und LED-Leuchten am Fahrzeug, führen immer wieder zu Fehlmessungen zulasten von Betroffenen. Dies insbesondere auch im Zusammenhang mit Verdeckungsszenarien, die häufig nur durch Messreihenauswertungen auffallen.

Aus diesem Grund sollte bei entsprechenden Messungen stets die gesamte Messreihe zur Auswertung angefordert werden, denn bei vorhandenen Zweifeln am vorgeworfenen Geschwindigkeitswert ist zur Überprüfung die unabhängige Auswertung der Messdaten unerlässlich.