Geschwindigkeitsverstöße: Wann droht Vorsatzverurteilung?

Im Bußgeldverfahren ist die Abgrenzung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit von erheblicher Bedeutung. Die in der Bußgeldkatalogverordnung genannten Regelsätze gelten im Bereich der Geschwindigkeitsverstöße nämlich nur für Fahrlässigkeitstaten. Nimmt das Tatgericht eine vorsätzliche Begehung an, so wird in der Regel die Geldbuße empfindlich zu erhöhen und ein Absehen von einem Regelfahrverbot wegen beruflicher oder sonstiger unverhältnismäßiger Härten kaum möglich sein.

Für die Feststellung des Vorsatzes bei Geschwindigkeitsverstößen muss das Tatgericht Tatsachen feststellen, aus denen zweifelsfrei entnommen werden kann, dass entweder dem Betroffen klar war, dass er eine erhebliche Überschreitung begangen hat oder dass er dies jeweils billigend in Kauf genommen hat. Dabei genügt das Wissen, schneller als erlaubt zu fahren.

Liegt kein Geständnis vor, so sind für die Annahme eines Vorsatzes mehrere Indizien festzustellen, die in ihrer Gesamtheit zu der dann rechtsfehlerfreien Überzeugung des Tatrichters vom Vorsatz führen müssen. Ein einzelnes Indiz kann hierfür grundsätzlich nicht ausreichen.

Hier liegt auch die Chance der Verteidigung unabhängig davon, dass, soll es trotz zunächst erhobenen Fahrlässigkeitsvorwurfs zu einer Vorsatzverteilung kommen, es zunächst eines rechtlichen Hinweises des Gerichts bedarf, woraufhin Aussetzung der Hauptverhandlung beantragt werden muss.

Denkbar ist neben einer Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolge die Erschütterung der Indizien, auf denen eine Vosatzannahme beruhen kann.

Hieraus ergeben sich vielfältige Verteidigungsansätze.

Stufenprofilmessungen und daraus resultierende Fehlmessungen

Stufenprofilmessungen, beispielsweise durch die Messgeräte XV3 und ES3.0 und als Folge des Einflusses von reflektierenden Flächen und LED-Leuchten am Fahrzeug, führen immer wieder zu Fehlmessungen zulasten von Betroffenen. Dies insbesondere auch im Zusammenhang mit Verdeckungsszenarien, die häufig nur durch Messreihenauswertungen auffallen.

Aus diesem Grund sollte bei entsprechenden Messungen stets die gesamte Messreihe zur Auswertung angefordert werden, denn bei vorhandenen Zweifeln am vorgeworfenen Geschwindigkeitswert ist zur Überprüfung die unabhängige Auswertung der Messdaten unerlässlich.

VGT Goslar 2024

Rechtsanwalt Markus Bittner hat als Fachanwalt für Verkehrsrecht und ADAC Vertragsanwalt auch am diesjährigen Verkehrsgerichtstag in Goslar teilgenommen, welcher vom 24. bis zum 26.01.2024 stattfand.

Themen der Arbeitskreise waren

  1. Einziehung von Täterfahrzeugen bei strafbaren Trunkenheitsfahrten?
  2. Haushaltsführungsschaden
  3. Fahreignungsgutachten und ihre Überprüfung durch die Fahrerlaubnisbehörde
  4. Cleverness oder strafbares Verhalten? Behördentäuschung und Punktehandel
  5. Weniger Strafe bei Unfallflucht?
  6. Vorschaden und Schadensgutachten
  7. Mit dem Zug zum Flug zum Schiff – „Multimodale Reisen“
  8. Gefährdungshaftung des Reeders für Drittschäden?

Benutzung eines Mobiltelefons: Freispruch vor dem AG Westerburg!

In einer Bußgeldsache wegen des Vorwurfs der verbotenen Benutzung eines Mobiltelefons durch den Fahrzeugführer wurde der von Rechtsanwalt Markus Bittner verteidigte Betroffene in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Westerburg am 11.09.2023 freigesprochen, die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt.

Nach Einlassung des Betroffenen und durchgeführter Beweisaufnahme durch Einvernahme von zwei Polizeibeamten war das Gericht davon überzeugt, dass der Betroffene über die Freisprechanlage seines Fahrzeugs telefoniert und dabei das Mobiltelefon lediglich aus der Brusttasche des Hemds genommen und im Fahrzeug umgelagert hatte, da das Mobiltelefon störte.

Auch diese Entscheidung zeigt, das sogenannte Handyverstöße mit der richtigen Prozesstaktik häufig gut zu verteidigen sind.

Rechtsanwalt Markus Bittner ist als Fachanwalt für Verkehrsrecht und ADAC Vertragsanwalt auf die Verteidigung in Bußgeldsachen und Verkehrsstrafsachen spezialisiert.

Tagung der ADAC Vertragsanwälte 07. und 08.09.2023 Mühlhausen/Thüringen

Rechtsanwalt Markus Bittner hat auch in diesem Jahr wieder an der Tagung der ADAC Vertragsanwälte teilgenommen. Themen waren unter anderem die Verteidigung im Rechtsbeschwerdeverfahren in Verkehrsordnungswidrigkeiten, Alkohol und Verkehrsstraftaten gemäß §§ 316 und 315C StGB, Ladungssicherung und Verantwortlichkeit gemäß StVO/StVZO, Wahrnehmbarkeit von Unfällen bei Unfallflucht, Dieslskandal und Abschaltvorrichtung, Rechtsfragen zur E-Mobilität sowie die Auswirkung von Delikten in der Führerschein-Probezeit.

BGH: Bemessung des Hinterbliebenengeldes

Der Bundesgerichtshof hat sich in 2022 und in 2023 mit der Bemessung des Hinterbliebenengeldes auseinandergesetzt und klargestellt, dass der Gesetzentwurf zum Hinterbliebenengeld nur eine Orientierungshilfe bietet, soweit in demselben ein Betrag von 10.000,00 € genannt ist. Hierbei handelt es sich nicht um eine Obergrenze. Vielmehr kann von diesem Betrag im Einzelfall sowohl nach unten als auch nach oben abgewichen werden.

Grundsätzlich muss das Hinterbliebenengeld im Regelfall hinter derjenigen Summe zurückbleiben, die dem Hinterbliebenen zustände, wenn das erlittene seelische Leid die Qualität einer Gesundheitsverletzung (sogenannter Schockschaden) hätte.

Zweck der Hinterbliebenenentschädigung ist nicht der Ausgleich für materielle Nachteile aufgrund des Todes eines Angehörigen. Das Hinterbliebenengeld soll vielmehr einen gewissen Ausgleich für die immateriellen Nachteile, nämlich die seelischen Beeinträchtigungen bieten, die durch den Tod einer geliebten Person eintreten. Zudem soll dem Gedanken Rechnung getragen werden, dass der Schädiger dem Hinterbliebenen für das, was er ihm durch die Herbeiführung des Todes einer geliebten Person angetan hat, Genugtuung schuldet. Maßgebend für die Höhe der Hinterbliebenenentschädigung sind im Wesentlichen die Intensität und Dauer des erlittenen seelischen Leids und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Aus der Art des Näheverhältnisses, der Bedeutung des Verstorbenen für den Anspruchsteller und der Qualität der tatsächlich gelebten Beziehung lassen sich indizielle Rückschlüsse auf die Intensität des seelischen Leidens ableiten.

Dieselskandal: BGH-Grundsatzurteile zum Schadenersatz bei Thermofenstern

Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26.06.2023 wichtige Grundsatzurteile zu Dieselfahrzeugen mit sogenanntem Termofenster verkündet.

Im Ergebnis hat nach dem EuGH nun auch der BGH die Hürden für Schadensersatzklagen gegen Hersteller im Dieselskandal von Vorsatz auf Fahrlässigkeit gesenkt.

Dieselkunden, in deren Autos eine illegale Abschalteinrichtung verbaut wurde, steht bei fahrlässigem Rechtsverstoß des Herstellers ein Schadensersatzanspruch zu i.H.v. 5 bis 15 % des Kaufpreises des Fahrzeugs und somit in Höhe des sogenannten Differenzschadens, wobei in gewissen Konstellationen Nutzungen angerechnet werden müssen. Das Fahrzeug kann der Käufer behalten.

Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf, sollten Sie in dieser Form vom Dieselskandal betroffen sein und Ansprüche geltend machen wollen.

Kreisverkehr: Wer zuerst kommt, fährt zuerst.

Das Oberlandesgericht Koblenz hat in einem Hinweisbeschluss vom 22.09.2022 zu dem Az. 12 U 917/22 klargestellt, dass im Kreisverkehr derjenige Vorfahrt hat, der zuerst die Verkehrszeichen 205 (Vorfahrt gewähren) und 215 (Kreisverkehr) passiert hat und früher in den Kreisverkehr eingefahren ist. Der Vorfahrtsberechtigte darf sich darauf verlassen, dass sein Vorfahrtsrecht von Verkehrsteilnehmern, die danach noch in den Kreisverkehr einfahren, beachtet wird.

In dem zugrunde liegenden Fall war ein Autofahrer viel zu schnell in einen Kreisverkehr hineingefahren und mit einer Autofahrerin kollidiert, die schon vor ihm fast vollständig in den Kreisverkehr eingefahren war. Der Unfallverursacher war der Auffassung, die Verkehrsteilnehmerin hätte den Zusammenstoß vermeiden können, wenn sie sich noch einmal nach links umgedreht hätte, denn dann hätte sie sein Auto gesehen. Dies hat das Oberlandesgericht anders gesehen und der Autofahrerin recht gegeben.

VG Schleswig: Update mit Thermofenster unzulässig

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat am 20.02.2023 ein wichtiges Urteil im Dieselskandal gesprochen. Die Richter stuften den Freigabebescheid des Kraftfahrt-Bundesamts für ein VW-Update zum Motortyp EA189 als unzulässig ein. Das verbaute Update war mit einem sogenannten Thermofernseher ausgestattet. Diese Abschaltung der Abgasreinigung bei Außentemperaturen unter zehn Grad, wie sie VW unter anderem in den Jahren 2008 und 2009 für 2,0-Liter-Motoren des VW Golf und Touran verwendet hat, halten die Richter für rechtswidrig.

Der Europäische Gerichtshof hat für den 21.03.2023 eine Grundsatzentscheidung angekündigt („Rantos III“). In diesem Verfahren vertritt der Generalanwalt die Auffassung, dass die Verletzung von Abgasvorschriften bereits eine Verpflichtung zum Schadenersatz wegen Verletzung eines Schutzgesetzes nach § 823 Abs. 2 BGB ergebe. Folgt der Europäische Gerichtshof dem, müssten Autohersteller nicht mehr vorsätzlich sittenwidrig gehandelt haben, sondern nur fahrlässig, um schadensersatzpflichtig zu werden.

Der Bundesgerichtshof hat in Erwartung dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für den 08.05.2023 eine Grundsatzentscheidung terminiert. Danach dürfte Klarheit darüber bestehen, ob Dieselklagen in Deutschland gegen eine Vielzahl von Herstellern wegen des sogenannten Thermefensters Erfolgsaussichten haben.

Bitte sprechen Sie uns an, sollte in Ihrem Fahrzeug ein entsprechendes Update verbaut sein.

Wir haben bereits in einer Vielzahl von Prozessen im Zusammenhang mit dem Dieselskandel geschädigte Eigentümer gegen Automobilherstellern vertreten.

61. Deutscher Verkehrsgerichtstag in Goslar

Rechtsanwalt Markus Bittner nimmt vom 25. bis zum 27.01.2023 als ADAC Vertragsanwalt von Limburg am Verkehrsgerichtstag in Goslar teil. Arbeitskreis IV befasst sich mit dem Thema „Reparaturkostenersatz beim Haftpflichtschaden“. Hierbei geht es insbesondere darum, zu verhindern, dass sich die Versicherungswirtschaft mit ihrer Forderung durchsetzt, die dem Geschädigten dienende sogenannte 130 %-Rechtsprechung zu kippen.

BGH: Grundsätzlich keine Geltung von „rechts vor links“ bei Parkplatzunfällen

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 26.11.2022 zu dem Aktenzeichen VI ZR 344/21 klargestellt, dass die Regeln der StVO auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen grundsätzlich anwendbar sind. Insbesondere ist auch dort das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme nach § 1 StVO zu beachten.

§ 8 Abs. 1 S. 1 StVO hingegen gilt grundsätzlich auf öffentlichen Parkplätzen weder unmittelbar noch mittelbar über § 1 StVO.

Dies folgt daraus, dass einem Parkplatz mit seinen Parkbuchten und Fahrspuren kein Straßencharakter zukommt, da er von jeder Richtung her befahren werden kann. Daran ändern auch Fahrbahnmarkierungen nichts. Zudem sollen Fahrspuren von Parkplätzen nicht den Verkehrsfluss ermöglichen, sondern vielmehr Parkmöglichkeiten durch Eröffnung von Rangiermöglichkeiten schaffen sowie Be- und Entladevorgänge ermöglichen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Fahrspuren, für die Verkehrsteilnehmer erkennbar, vor allem der Zu- und Abfahrt und damit dem fließenden Verkehr dienen. Aus diesem Grund kann es sinnvollerweise auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen ohne Straßencharakter nur eine Verständigung über die Vorfahrt geben.

Bei Parkplatzunfällen wird es foglich wie bisher in den meisten Fällen zu einer Haftungsverteilung unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und der Fahrweise der Unfallbeteiligten im Einzelfall kommen, wobei die Gegebenheiten des Unfallortes insbesondere durch Lichtbilder sehr genau dokumentiert werden sollten, damit ein möglicher Straßencharakter gegebenenfalls nachgewiesen werden kann.

ADAC Juristen-Congress 2022 in Dresden

Rechtsanwalt Markus Bittner nimmt vom 22. bis zum 24. September 2022 am 40. ADAC Juristen-Congress in Dresden teil.

Themen sind unter anderem erste Erfahrungen mit der umgesetzten Warenkauf-Richtlinie und der Digitale-Inhalte-Richtlinie und deren Auswirkungen auf den Autokauf, die aktuelle Rechtsprechung zum Haftungsgrund, zur Schadensschätzung und zur Schadensabrechnung, der Reformbedarf bei Alkohol- und Drogendelikten im Straf- und Verwaltungsrecht sowie das Einsichtsrecht in die Messunterlagen bei Verwendung standardisierter Messverfahren im Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht.