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Entscheidung zu „Rohmessdateien“

Das Bundesverfassungsgericht hat beschlossen, dass Betroffenen im Bußgeldverfahren der Zugang auch zu nicht in der Akte befindlichen Informationen ermöglicht werden muss.

Zwar müsse bei standardisierten Messverfahren nicht jedes Mal die Richtigkeit der Messung überprüft werden, der Zugang der Betroffenen zu nicht in den Akten befindlichen Informationen müsse jedoch gewährleistet werden. Dies gelte vor allen Dingen für Rohdateien der Messgeräte, die bislang nicht immer eingesehen werden durften (BVerfG Beschl. v. 12.11.2020, Az. 2 BvR 1616/18).

Das Gericht gab damit einer Verfassungsbeschwerde statt, die den Zugang zu Informationen im Bußgeldverfahren betraf, die nicht Teil der Bußgeldakte waren. Das BVerfG entschied nun, dass die vorangegangenen Entscheidungen den Fahrer in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzen.

Das Recht auf Informationszugang gelte jedoch nicht unbegrenzt. Um eine uferlose Ausforschung und Verfahrensverzögerungen zu verhindern, müssten die begehrten Informationen daher zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf stehen und zum anderen eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen.

Verkehrssünder per Passfoto identifizieren

Um jemanden zu identifizieren, der eine Verkehrsordnungswidrigkeit begangen hat, dürfen die Bußgeldstellen Pass- bzw. Ausweisfotos vom Einwohnermeldeamt für einen Abgleich anfordern, so das OLG Koblenz in seinem Beschluss vom 02.10.2020 – 3 OWI 6 SsBS 258/20.

Der Entscheidung vorausgegangen, war ein Verfahren, bei dem es um eine Geldbuße i.H.v. 150 € und ein Fahrverbot von einem Monat ging. Gegen die erstinstanzliche Entscheidung legte der Betroffene Rechtsbeschwerde mit der Begründung ein, dass die Bußgeldbehörde vor Erlass des Bußgeldbescheides sein Personalausweisfoto vom Einwohnermeldeamt angefordert und dieses Foto zur Identifizierung verwendet hatte.
Der Betroffene rügte, dass die Herausgabe, bzw. Weitergabe seines Fotos rechtswidrig gewesen sei und das Verfahren daher einzustellen.

Nach Ansicht der Koblenzer Richter war die Herausgabe nach den Regelungen des Personalausweisgesetzes  jedoch rechtmäßig. 

In den entsprechenden Vorschriften der § 24 Abs. 2 PAuswG und § 22 Abs. 2 Passgesetzes komme der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, zur Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten die Herausgabe solcher Daten zuzulassen. Die beiden Normen regeln, wann Behörden solche Informationen zu welchen Zwecken anfordern dürfen. Die nach dem Wortlaut dieser Normen gegebenenfalls enger zu verstehenden Voraussetzungen stünden diesem gesetzgeberischen Willen nicht entgegen.

Aus der Praxis ist uns bekannt, dass nicht nur Fotos des Einwohnermeldeamtes für die Ermittlungen angefordert werden, sondern oftmals auch die sozialen Netzwerke durchsucht. Man sollte sich daher gut überlegen, ob man Bilder seines Fahrzeuges mit Kennzeichen und sich selbst oder auch nur Porträtfotos online stellt.

Immer wieder werden die Betroffenen dadurch identifiziert, dass im sozialen Umfeld in den sozialen Netzwerken ermittelt wird.

Koblenzer Verkehrs- und Versicherungstage

Rechtsanwalt Markus Bittner hat am 09.11.2020 an der fünfstündigen Fortbildungsveranstaltung im Verkehrsrecht „Koblenzer Verkehrs- und Versicherungstage“ teilgenommen. Themen der Veranstaltung waren „Aufbau von Verkehrsmessgeräten und Erläuterung deren Funktion“, „Der Sachverständigenbeweis“ sowie die „Fahreridentifizierung“.

ADAC JuristenCongress 2020 als Online-Seminar

Rechtsanwalt Markus Bittner hat am 02.10.2020 an der fünfstündigen Fortbildungsveranstaltung im Verkehrsrecht „ADAC JuristenCongress 2020“ teilgenommen. Themen der Veranstaltung waren „Aktuelle BGH-Rechtsprechung des VI. Zivilsenats zum Straßenverkehrsrecht“, „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“, „Sozialrechtliche Auswirkungen auf die Unfallschadenregulierung“ sowie „Fahrsicherheit und Fahreignung – Cannabis als Problem?“.

Neuer Bußgeldkatalog ab 28.04.2020!

Der im Februar verabschiedete neue Bußgeldkatalog für Autofahrer tritt Ende April in Kraft – und enthält drastische Verschärfungen.

1. Tempolimit: Ab 21 km/h Überschreitung gibt es ein Fahrverbot!

Eine innerörtliche Überschreitung des Tempolimits um 21 km/h weitreichendere Konsequenzen als bisher. Zu einem Bußgeld in Höhe von 80 Euro sowie einem Punkt in Flensburg erwartet den Betroffenen nun ein einmonatiges Fahrverbot.

Außerorts greifen diese Strafen (95 Euro, Fahrverbot für einen Monat) ab einem Verstoß von 26 km/h.

2. Rettungsgasse: Höhere Strafe!

Autofahrer, die keine Rettungsgasse bilden, müssen schon seit Ende 2017 mit 200 Euro Bußgeld sowie mit zwei Punkten in Flensburg rechnen. Jetzt wird diese Strafe verschärft, indem nun auch ohne Verwirklichung einer konkreten Gefahr oder Behinderung ein einmonatiges Fahrverbot verhängt werden kann.

Fahrer, die die Rettungsgasse widerrechtlich nutzen, zahlen mindestens 240 Euro Bußgeld. Dazu erhalten sie zwei Punkte sowie ein Fahrverbot von einem Monat.

3. Parkverstöße: Höhere Bußgelder!

Wer sein Auto etwa an einer unübersichtlichen Stelle parkt, zahlt nun 35 statt 15 Euro.

Die Kosten für das Parken in einer Feuerwehrzufahrt steigen von 35 auf 55 Euro.

Werden jeweils Einsatz – beziehungsweise Rettungsfahrzeuge behindert, erhöht sich das Bußgeld auf 100 Euro, dazu gibt es einen Punkt.

55 Euro kostet auch das unzulässige Abstellen von Fahrzeugen auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz sowie auf für E- und Carsharing-Fahrzeugen vorgesehenen Parkplätzen.

Das Parken oder Anhalten in zweiter Reihe wird nun mit mindestens 55 Euro geahndet.

4. Die Nutzung von Blitzer-Apps wird teurer!

Das Bußgeld für das Nutzen einer Blitzer-App während der Fahrt beträgt 75 Euro, dazu wird ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen

5. Besserer Schutz für Radfahrer!

Neben verschärften Tarifen fürs Pkw-Parken auf Schutzstreifen oder Radwegen, dürfen zum Beispiel Transporter oder Lkw über 3,5 Tonnen innerorts beim Rechtsabbiegen nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit fahren. Verstöße bedeuten 70 Euro Bußgeld und einen Punkt.

Fahrradfahrer dürfen jetzt ausdrücklich nebeneinander fahren, sofern sie den Verkehr nicht behindert.

Autofahrer müssen beim Überholen zu anderen Verkehrsteilnehmern einen Mindestabstand von innerorts 1,50 Meter sowie außerorts 2 Meter einhalten.

EuGH zum Widerruf von Verbraucherdarlehen

Mit weitreichenden Folgen auch für mit Kfz-Käufen verbundenen Verbraucherkrediten hat der EuGH in einem „Paukensschlag-Urteil“ am 26.03.2020 (Rs. C-66/19) entschieden, dass die Standard-Widerrufsbelehrungen von Banken unter bestimmten Voraussetzungen gegen EU-Recht verstoßen, weil die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist nicht in klarer und prägnanter Form angegeben sind.

Die maßgebliche Passage in der Widerrufsinformation des Vertrages lautet:

„Widerrufsrecht

Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. …“

Nach Auffassung des EuGH reicht es nicht aus, dass der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag hinsichtlich der Pflichtangaben, deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere nationale Rechtsvorschriften verweist.

Damit hat die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen, sodass der Verbraucher noch rechtswirksam seine Vertragserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrags widerrufen konnte.

Die Muster-Widerrufsinformation unterscheidet nicht zwischen Immobiliar- und Mobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen und findet damit auch auf Verbraucherkredite Anwendung, mit denen Neu- oder Gebrauchtwagen finanziert werden (§ 358 BGB).

Corona und Unfallschadenregulierung

Die ohnehin schon komplizierte Abwicklung eines Verkehrsunfalls selbst bei eindeutiger Schuldfrage wird als Folge der Corona-Krise noch schwieriger.

Beispielsweise können sich Reparaturen durch gestörte Lieferketten oder Mitarbeiterausfall verzögern, viele Zulassungsstellen schließen.

Muss die Möglichkeit einer Notreparatur in Betracht gezogen werden? Wie lange kann ein Mietwagen in Anspruch genommen Bzw. Nutzungsausfallentschädigung verlangt werden? Werden Standkosten erstattet? Muss der Restwert am regionalen Markt oder über eine Restwertbörse im Internet ermittelt werden?

Bitte wenden Sie sich direkt nach einem Unfall an einen Spezialisten, damit berechtigte Ansprüche vollständig und schnell reguliert werden.

Regulierung von Verkehrsunfällen

Die Regulierung von Verkehrsunfällen wird immer komplizierter, die Kürzungen einzelner Schadenspositionen wie beispielsweise dem Fahrzeugschaden oder dem Haushaltsführungsschaden durch die Versicherer immer gravierender.

Allein die Einschaltung eines Fachanwalts für Verkehrsrecht als Spezialisten garantiert, dass alle Ansprüche reguliert werden, auch wenn die Schuldfrage eindeutig erscheint.

Dies gilt umso mehr, als die Anwaltsgebühren in den meisten Fällen sogar wesentlich geringer sind als beispielsweise die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe und grundsätzlich auch von dem Versicherer übernommen werden, wenn dieser dem Grunde nach haftet.

Unabhängig hiervon erfolgt die Erstberatung in unserer Kanzlei grundsätzlich kostenfrei, um schnellstmöglich und unbürokratisch helfen zu können, sollten Sie Opfer eines Verkehrsunfalls geworden sein.

Keine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen bei Trunkenheitsfahrt mit dem E-Scooter

Das AG Dortmund hat entgegen der derzeit überwiegenden Rechtsprechung mit Urteil vom 21.01.2020 entschieden, dass bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter nicht automatisch von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden kann (729 Ds – 060 Js 513/19 – 349/19). Dem lag eine Fahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,40 Promille zu einer verkehrsarmen Zeit in einem Fußgängerbereich zugrunde ohne tatsächlich feststellbare oder auch nur abstrakt drohende Beeinträchtigung von Rechtsgütern Dritter.

VGT 2020 in Goslar

Rechtsanwalt Markus Bittner nimmt am 30. und 31.01.2020 am IV. Arbeitskreis „Praxistauglichkeit des Bußgeldverfahrens“ des Deutschen Verkehrsgerichtstags in Goslar teil. Themen sind unter anderem das Akteneinsichtsrecht der Verteidigung, Möglichkeiten im Zwischenverfahren, das Verfolgungshindernis der Verjährung sowie die Frage, ob Änderungen am geltenden Recht erforderlich sind, um den Anspruch des Betroffenen auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren zu sichern.

Überwachung des ruhenden Verkehrs im öffentlichen Verkehrsraum durch private Firmen unzulässig

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 03.01.2020, Az. 2 Ss-OWi 963/18 für den Bereich des ruhenden Verkehrs klargestellt, dass die Überwachung des öffentlichen Verkehrsraums durch private Firmen unzulässig ist mit der Folge, dass die ausgestellten Bescheide rechtswidrig sind. Grund hierfür ist, dass es sich um eine rein hoheitliche Aufgabe handelt, sodass die zugrunde gelegten Beweise einem absoluten Beweisverwertungsverbot unterliegen.

2020: Neue Verkehrsregeln und höhere Bußgelder

Mitte Februar will sich der Bundesrat abschließend mit der StVO befassen und über Änderungsanträge entscheiden. Geplant sind unter anderem deutlich härtere Strafen für das Durchfahren der Rettungsgasse, höhere Bußgelder fürs Halten in zweiter Reihe und mehr Rechte sowie ein besserer Schutz für Radfahrer.