Manipulationsvorwürfe zu Dieselfahrzeugen der VW-Gruppe

In Europa gilt nach wie vor der NEFZ (Typprüfzyklus) als Maßstab für die Typgenehmigung eines Fahrzeugs. In den USA gelten für Dieselfahrzeuge weit niedrigere NOx-Grenzwerte als in Europa. Für das Erreichen der dort vorgeschriebenen NOx-Grenzwerte wurde eine Software eingesetzt, die den Prüfzyklus erkennt und manipuliert. Auch in Europa ist offenbar in zahlreichen Motoren der VW-Gruppe (VW, Seat, Skoda, Audi) diese Manipulationssoftware verbaut worden; unklar ist, ob diese im Prüfzyklus nach NEFZ tatsächlich aktiviert wurde. Es liegen somit daher derzeit noch keine gesicherten Erkenntnisse dafür vor, dass ähnliche Manipulationen wie in den USA bei europäischen VW-Modellen stattfinden.

Sollte sich auch für den europäischen Markt herausstellen, dass die im Prüfzyklus ermittelten Werte fehlerhaft sind, liegt ein Sachmangel vor. In diesem Fall kommen gesetzliche Sachmängelhaftungsrechte in Betracht, wobei Verjährungsfristen zu beachten sind (für Privatleute gegenüber dem Händler 2 Jahre für Neufahrzeuge und 1 Jahr für Gebrauchtfahrzeuge; für Unternehmer 1 Jahr beim Neuwagenkauf).

Schadenersatzansprüche wegen arglistiger Täuschung stehen gegen den Hersteller im Raum, sollte sich der Manipulationsverdacht bestätigen. Dem Händler wäre das Fehlverhalten des Herstellers nicht zuzurechnen. Als Schadenspositionen könnten unter anderem Kosten für die Fehlerbeseitigung sowie nachgewiesene Mehrkosten durch einen Kraftstoffmehrverbrauch geltend gemacht werden.

Der Käufer kann vom Händler im Rahmen der Sachmängelhaftung gegebenenfalls kostenfreie Nacherfüllung (Nachbesserung) verlangen. Ist eine solche nicht möglich oder nicht zumutbar, könnte die Möglichkeit bestehen, vom Kaufvertrag zurückzutreten oder eine Preisminderung zu verlangen. Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist jedoch nur zulässig bei „erheblichen“ Mängeln. Für den Kraftstoffmehrverbrauch liegt die Grenze der Erheblichkeit bei 10 %. Möglicherweise wird sich die Rechtsprechung auch bei der Überschreitung des Schadstoffausstoßes an diesem Wert orientieren.

Bei bestellten Neuwagen könnte eine Abnahme unter dem schriftlich erklärten Vorbehalt der Geltendmachung von Sachmängelrechten bezüglich erhöhter Abgas- oder Verbrauchswerte sinnvoll sein.

Für weitere Fragen, beispielsweise auch zu Auswirkungen etwaiger Manipulationen auf die Kfz-Steuer, die Zulassung oder die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs steht Rechtsanwalt Markus Bittner jederzeit gerne zur Verfügung.

 

 

 

Freispruch bei PoliScanSpeed wegen nicht geeichter Auswertesoftware

Das AG Bremen hat mit rechtskräftiger Entscheidung vom 04.08.2014, Az. 88 OWi 640 Js 2905/14 (20/14) den Betroffenen von dem Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 31 km/h mit der Begründung freigesprochen, dass der Auswerterahmen nicht von der geeichten Software des Messgeräts selbst, sondern vielmehr von der Auswertesoftware Tuff-Viewer generiert werde. Diese sei nicht geeicht, so dass die Messung mit dem Messsystem PoliScanSpeed des Herstellers Vitronic nicht verwertbar sei und die behauptete Geschwindigkeitsüberschreitung somit auch nicht feststellbar sei.

Dashcam

Die Verwertung von privaten Videoaufzeichnungen von Verkehrsvorgängen kann als Beweis in einem Kfz-Unfallschadenprozess verwertbar sein (AG Nürnberg, Urteil vom 08.05.2015, Az. 18 C 8938/14).

Haftungsabwägung bei Kollision zwischen Überholendem und Linksabbieger

Bei Zusammenstößen zwischen einem links in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden Kfz und einem in gleicher Richtung fahrenden, den Linksabbieger überholenden Pkw spricht der Beweis des ersten Anscheins wegen der dem Linksabbieger abverlangten äußersten Sorgfalt für ein Verschulden des Linksabbiegers (LG Hamburg, Urteil vom 23.01.2015, Az. 302 O 220/14).